Gott spielen „müssen“ – soziale Verantwortungen?!

Die Dinge scheinen oft ganz anders. Wir interpretieren etwas, ohne zu hinterfragen und berauben uns der Erkenntnisse. Doch weit darüber hinaus, geht dies auch zu Lasten des menschlichen Miteinanders und führt zu Voreingenommenheit, Frustration und unnötigen Feindseligkeiten.

Der Berliner Mietermarkt ist derzeit eine Katastrophe für alle.

Vor allem für diejenigen, die momentan auf der Suche nach einer Wohnung sind, scheint die Situation unerträglich. Im Segment 3-Zimmerwohnungen zum Beispiel kommen zur Zeit auf eine Wohnung hunderte von Bewerbungen. Tatsächlich gibt es nur noch Massenbesichtigungen, bei denen dutzende Interessenten zur gleichen Zeit die Wohnung ansehen „dürfen“.

Bei einer solchen Besichtigung sprach mich kürzlich ein Interessent auf diesen Umstand an. Er war scheinbar amüsiert und stellte fest, dass dies für mich und den Eigentümer eine tolle Position sei. Mein verdutztes Gesicht irritierte ihn mindestens genauso wie meine Aufklärung:

 

Diese Situation ist für alle Beteiligten eine Katastrophe!

Es ist keine angenehme Situation, wenn sich Interessenten für eine Wohnung anbiedern (müssen). Wenn sie es tatsächlich tun, ist es eher beschämend.

Die praktischen Abläufe sind alles andere als wünschenswert. Hunderte von Anfragen kosten nicht nur wahnsinnig viel Zeit, sondern überfluten mein Postfach und lassen mich manch wichtige Mail übersehen. Es ist unmöglich jedem Interessenten zu antworten, was wiederum einen schlechten Eindruck von mir und meiner Arbeit vermittelt und sogar zu schlechten Bewertungen in der Öffentlichkeit führt. Es ist mittlerweile unmöglich ohne Massenbesichtigungen zu arbeiten, ebenfalls wieder extremer Aufwand von Energie, Zeit und letztlich kommunikativ und menschlich wenig wertvoll. Papierberge von Bewerbungen machen die Sache nicht besser, dutzende Anrufe, enttäuschte Interessenten und so weiter und so fort….

Doch am Schlimmsten ist es die Frage zu beantworten, wer der geeignete Mieter ist. Sie wird überschattet von der Frage, wem sie am ehesten zusteht.

Einer Eigentümerin platzte der Kragen, als ich sie auf ihre „soziale Verantwortung“ bei der Mieterauswahl ansprach. Sie war genervt von den Sprüchen der sogenannten „sozialen Kälte“ in unserer Gesellschaft. Es entwickelte sich ein Gespräch, aus dem sehr deutlich wurde, dass sie keineswegs gedankenlos handelte.

 

Wer ist der richtige Mieter?

Ist es die Familie, die aufgrund des Raumbedarfs für ihr Kind die Wohnung am ehesten benötigt? Ist es das gutverdienende Paar, was bonitätsstark und nett in das Haus passt?

Oder ist die Topverdienerin, die stetig auf Reisen ist und die Wohnung nicht abnutzt? Warum sollte der alleinstehende Mann, der sein Leben bislang nur der Karriere widmete, nicht auch einen Anspruch auf eine größere Wohnung haben? Vielleicht will er nun eine Familie gründen. Und wenn nicht, warum darf er seinen hart erarbeiteten Luxus nicht ausleben? Sollten wir wirklich über die Wertigkeit seines Daseins entscheiden? Warum ist die Familie zu bevorzugen und wer weiß, wen die Topverdienerin wie unterstützt? Wir müssten sehr gründlich hinterfragen und viel mehr Informationen einholen, als eine Wohnungsbewerbung es hergibt.

Doch warum muss ich dies als Vermieter tun und selbst wenn ich es mache, wer sagt, dass ich mit meinen Annahmen richtig liege?!

Und warum muss ich als Eigentümer für die Versäumnisse des Staates im Wohnungsbau bzw. der Wohnungspolitik „büßen“? Liegt das wirklich in meiner Verantwortung?

Die Eigentümerin des Objektes war jedenfalls wenig begeistert von der Vorstellung, sie müsse die Entscheidungen über Menschenleben treffen und zeigte deutlich ihre Abneigung gegen das „Gott spielen“, wie sie es treffend nannte. Kein vernünftiger Mensch mit Herz und Verstand möchte bei näherer Betrachtung über die Dinge entscheiden.

Wer also auch die Gegenseite beleuchtet, wird sich weit entfernen von der Unterstellung, dass es für die andere Seite bequem und angenehm ist.

Lassen Sie uns auch in anderen Belangen öfter mal hinter die Kulissen schauen.