Begegnungen
Vor einigen Tagen kam ein unauffälliger Mann in meinen Laden und bat ebenso leise um eine Bewertung seiner Immobilie. Nach 5 Minuten plauderte er zwar bereits ein bisschen, doch seine sichere Direktheit war von Zurückhaltung geprägt.
Nun hatte ich gestern das Vergnügen mit ihm sein Haus zu besichtigen. Nein, es war eines seiner Häuser. Denn er hatte offenbar einiges bewegt, aber auch riskiert und mittlerweile mehrere Grundstücke gekauft, zum Teil bebaut, umgebaut, geteilt, vermietet, wieder verkauft und so weiter. Dabei war er voller unternehmerischer Freude und gleichzeitig total Mensch.
Wir kamen ins Gespräch und schnell wurde klar, wir sind auf einer Wellenlänge. Er kam gerade von Fuerteventura zurück und musste aufgrund einer Lungenerkrankung seiner Frau seine Reise abbrechen und mehrere Wochen mit dem Schiff reisen. Früher war er Surfer und die Augen leuchteten schnell bei allen Themen zum Surfen, Kiten und anderen Verrücktheiten, die sich nun erschlossen.
Dann berichtete er von wirklich erschütternden Lebenskrisen, seiner Flucht aus der DDR, dem Tod seiner ersten Frau bei der Geburt seines 2. Kindes bis zur jetzigen Erkrankung seiner Tochter an MS. Ich bin sicher, es waren nur Bruchstücke sehr großer Herausforderungen seines Lebens.
Doch er erzählte auch von seinen vielen Vorhaben und seiner Firma, die er jahrzehntelang aufgebaut und später verkauft hatte, trotzdem aber mit dem Nachfolger noch lange Zeit weiter schaffte. Von einigen Erlebnissen, wie er sein Unternehmen verteidigte und mit klugen Strategien und außergewöhnlichen Maßnahmen am Leben erhielt. Zweifellos, er hatte viel erreicht in seinem Leben.
Aber er machte keine große Sache daraus, sondern war vollständig im Hier und Jetzt. Er hatte eine Ausrichtung auf die Zukunft, die gleichermaßen nüchtern und klar wie zuversichtlich war.
Er war so voller Lebensfreude, dass wir viel scherzten, doch immer sofort auf den Punkt kamen. Smalltalk lag uns beiden nicht, wie wir noch ausdrücklich feststellten.
Wir entdeckten noch die gemeinsame Leidenschaft für Porsche und andere Automobile und auch hier war er voller Verstand und Begeisterung dabei. Wie selbstverständlich hatte er mit seiner Art zu denken ganz nebenbei auch schon viel Geld mit dieser Leidenschaft verdient.
Er war voller Klarheit und Einfachheit, wie ich sie verstehe. Er machte es sich nicht einfach und ging sehr verantwortungsbewusst mit sich und anderen um – seiner Gesundheit, seiner Zeit, seinem Geld, seiner Familie und seinem Umfeld. Das wurde bereits in diesem kurzen Kennenlernen deutlich. Er lebte ganz offensichtlich ein sehr verantwortungsvolles und gleichzeitig glückliches Leben. Das ist Erfolg, wie ich ihn verstehe.
Am Ende kam noch die große Überraschung. Er war bereits 77 Jahre alt!
Er stieg vergnügt und nahezu jugendlich in seinen Youngtimer: Ein sehr gepflegtes Audi Cabrio mit etwa 20 Jahren auf dem Buckel, den er fuhr und genoss und wusste, er würde nun von Jahr zu Jahr wertvoller. Das war die Art Autos, die er mochte, wie ich nun wusste.
Ich liebe Begegnungen, Menschen und Erfolgsstorys dieser Art.
Ich liebe meine Arbeit, auch für diese Begegnungen.
Ich liebe das Leben und dass ich daran teilnehmen darf.